Bewahren, erforschen, vermitteln

Vom Reichspostmuseum zur Museumsstiftung Post und Telekommunikation

Die historischen Wurzeln der Museumsstiftung Post und Telekommunikation mit ihren Institutionen reichen bis in das 19. Jahrhundert zurück. Generalpostmeister Heinrich von Stephan legt in Berlin mit der Gründung des Reichspostmuseums im Jahr 1872, vor nunmehr über 150 Jahren, den Grundstein für die heutige Sammlungs-, Forschungs- und Vermittlungstätigkeit der Museumsstiftung Post und Telekommunikation.

Die Gründung des Reichspostmuseums

Am 24. August 1872 verfügt Generalpostdirektor Heinrich Stephan (damals noch ohne „von“) den Aufbau eines Museums zur Postgeschichte, das sich mit der kulturhistorischen Bedeutung und den technischen Errungenschaften von Schrifttum, Nachrichtenwesen und Verkehrswesen auseinandersetzt. Zunächst besteht die Sammlung nur aus Archivmaterial, Plänen und Modellen. Doch das ändert sich schnell. Bis 1878 sind die Sammlungen so weit gewachsen, dass die bis dahin nur für Postbeschäftigte zugängliche „Plan- und Modellkammer“ offiziell als Reichspostmuseum für die Öffentlichkeit zugänglich wird.

Stephan beabsichtigt, in dem neu gegründeten Museum nicht nur das Nachrichten- und Verkehrswesen sowie das Schrifttum „aller Zeiten und Völker“ für die Öffentlichkeit auszustellen: Er plant das neue Haus auch zu nutzen, um die jeweils neuesten Technologien öffentlichkeitswirksam vorzuführen, beispielsweise Telefonie, Luftpost, Funk, Bildtelegrafie und Fernsehen. Diese Vorhaben benötigen Platz und so eröffnet am 21. Februar 1898 das Reichspostmuseum in der Leipziger Straße, als Erweiterungsbau des Reichspostamts neu entstanden, seine Pforten.

Heinrich von Stephan erlebt die Eröffnung dieses Museums nicht mehr, er stirbt ein Jahr zuvor, im Jahr 1897. Die Trauerfeier findet im Lichthof des Museums statt.


Die ersten Jahrzehnte

Unter der Federführung Heinrich von Stephans entsteht noch vor Gründung des Deutschen Museums in München eines der modernsten und ersten technikhistorischen Museen der Welt. Auch die Reichspost profitiert vom prestigeträchtigen Haus im Berliner Zentrum: Es wird zu einem Schaufenster für ihre moderne und weltweit vernetzte Arbeit. Entsprechend umfangreich und wertvoll ist die in den folgenden Jahrzehnten zusammengetragene Sammlung, die bis heute zu einer der größten Sammlungen der Kommunikations- und Mediengeschichte angewachsen ist. Während des Ersten Weltkriegs muss das Museum schließen und mit dem Ende der Monarchie 1918 sieht man das monumentale Reichspostmuseum als disparaten Repräsentant des überwundenen Kaiserreichs.


Der Zweite Weltkrieg

Eine Zäsur: Der Zweite Weltkrieg dezimiert die Bestände – die Museumsobjekte werden auf verschiedene Standorte verteilt

Ab 1939 stellt das Museum den Betrieb ein und schließt seine Pforten. Das Gebäude bleibt unbeheizt und Feuchtigkeit zieht in die Kellerräume und Gemäuer – eine Bedrohung für die Museumsgüter, zusätzliche zu den zu erwartenden Kriegsschäden. Erst Mitte 1943 lagern die Verantwortlichen des Museums die wertvollsten Stücke an als sicher eingestufte Orte aus: Schloss Walterhausen, ein Erholungsheim der Post scheint geeignet, ebenso ein Schloss in Meißen, die Reichsbank und das Postamt im Hansaviertel in Berlin. Auch das Postsparkassenamt in Wien nimmt einige Objekte in seine Obhut.

Doch immer noch rund die Hälfte des Bestandes verbleibt im Berliner Museum. Zahlreiche dieser Sammlungsstücke fallen den Bombenangriffen und den Häuserkämpfen im April und Mai 1945 zum Opfer. Das Museumsgebäude selbst ist bei Kriegsende schwer beschädigt und auch das benachbarte ehemalige Reichspostamt liegt in Trümmern, so dass es später abgetragen wird.

Die kostbarsten Stücke der Briefmarkensammlung – die Schausammlung und der Wandtresor mit der Blauen Mauritius – befinden sich seit Februar oder März 1945 in Bergwerksschächten in Eisleben. Dort werden sie von den einrückenden amerikanischen Truppen beschlagnahmt und in die Westzone überführt, bevor Thüringen an die sowjetische Besatzungsmacht geht.


Nach dem Krieg: Herbe Verluste und Neuanfang in West und Ost

1949 erhält die Deutsche Post 232 Kisten mit Briefmarkenbeständen, 41 Postsäcke mit den Büchern der Berliner philatelistischen Bibliothek und 15 Kisten mit Porzellan- bzw. Gipsfiguren zurück. Aber die Sammlung ist geplündert worden: 2039 Briefmarken aus 35 Ländern – jeweils die größten philatelistischen Kostbarkeiten – fehlen.

Der größte Verlust betrifft das Mauritius-Tableau aus dem Berliner Wandtresor. Es bleibt verschollen, bis Daniel E. Sweeney 1976 die Marken auf einer Briefmarkenmesse zum Kauf darbietet. Der amerikanische Zoll nimmt die Marken in Gewahrsam, da Sweeney im Range eines 1st Lieutenant bei der US-Army diente jener Offizier war, der den Abtransport der Briefmarken aus dem Eislebener Bergwerk durchführte. Da auch die DDR Anspruch auf die Marken erhebt, kehren die Blaue Mauritius und die übrigen sieben Marken erst 1990, nach der deutschen Wiedervereinigung, in das Archiv für Philatelie nach Bonn zurück. Heute sind sie in der Schatzkammer des Berliner Museums ausgestellt.


Eröffnung des Bundespostmuseums in Frankfurt und des Postmuseums der DDR in Berlin im selben Jahr

Was von den Sammlungsobjekten nicht in Berlin bleibt, geht ab Juli bis August 1943 in mehreren Transporten nach Schloss Waltershausen bei Mellrichstadt. Nach Kriegsende ist die amerikanischen Militärregierung für Bayern und damit für das Schloss und die Bestände verantwortlich.

Vergeblich versucht die Zentralverwaltung für das Post- und Fernmeldewesen in der sowjetischen Besatzungszone, in deren Sektor sich nun das ehemalige Reichspostmuseum befindet, die Sammlung zurückzuerhalten. Stattdessen werden die Objekte 1947 an die Deutsche Post (West) übergeben, die in Schloss Walterhausen eine „Postarchiv“ genannte Dienststelle einrichtet. Das „Postarchiv“ zieht 1951 von Waltershausen nach Frankfurt am Main um. Diese geretteten Bestände des Reichspostmuseums werden zum Grundstock des 1958 eröffneten Bundespostmuseums in Frankfurt am Main.


Das Postmuseum der DDR

Das ehemalige Reichspostmuseum in Berlin ist seit dem Krieg bis auf die Umfassungsmauern zerstört. Die im Berliner Museum verbliebenen Bestände sind entweder vernichtet oder in den Kellern des Museumsgebäudes verschüttet.

Erst 1947 wird mit der systematischen Ausgrabung der verschütteten Sammlungen begonnen. Von den geborgenen Briefmarken müssen allerdings wiederholt Reparationen an die Sowjetunion geleistet werden. Schmerzlich ist auch die angeordnete Abgabe von historischen Fahrzeugmodellen an das Verkehrsmuseum in Dresden und an das Völkerkundemuseum in Leipzig.

Als 1956 in Westberlin ein Postmuseum eröffnet werden soll, intensivieren die Verantwortlichen in Ost-Berlin die Arbeiten zur Einrichtung eines Postmuseums der DDR am historischen Standort. Im selben Jahr wie das Bundespostmuseum im Westen 1958 öffnet es seine Pforten mit einer Briefmarkenausstellung auf bescheidenen 275 qm.

Dem konkurrierende Postmuseum der DDR in Berlin fällt es schwer, seine Bestände systematisch zu erweitern und weitere Objekte zu erwerben: Da es der Post der DDR an Mitteln für Neuinvestitionen fehlt, werden die alten Fernmeldeanlagen immer wieder repariert und ausgebessert, wohingegen sie in Westdeutschland ins Museum wandern. Einzig auf dem Gebiet der Rundfunk-Studiotechnik und der Philatelie kommt es zu umfangreichen Erweiterungen der Sammlung.


Neuer Aufwind für das Berliner Postmuseum in den 1980er Jahren

1981 beschließt das Politbüro, das Reichspostmuseum bis zur 750-Jahr-Feier Berlins im Jahr 1987 vollständig wiederherzustellen. Die Sammlungsabteilung des Postmuseums der DDR bekommt die Aufgabe gestellt, die für die riesige Ausstellungsfläche notwendigen Exponate bereitzustellen. In der Praxis bedeutet das umfangreiche Restaurierungsarbeiten an den immer noch mit dem Staub der Bombentreffer bedeckten Sammlungsschätzen in den Depots.

Allerdings verzögert sich die Fertigstellung des Gebäudes, sodass 1987 zunächst nur 200 qm Ausstellungsfläche und im weiteren Verlauf des Jahres weitere 1000 qm eröffnet werden konnten. Die Bauarbeiten am übrigen Gebäude werden erst nach dem Mauerfall abgeschlossen und eine lange Sanierungsphase bis Ende der 1990er Jahre beginnt. Erst 2000 öffnet das im Inneren und Äußeren denkmalgerecht sanierte Gebäude als Museum für Kommunikation wieder.


Vom Bundespostmuseum zum Deutschen Postmuseum

Museumsneubau am Schaumainkai und Eröffnung des Deutschen Postmuseums 1990

Die beengten räumlichen Verhältnisse in der Frankfurter Villa sind genauso wie die thematische Ausrichtung der in die Jahre gekommenen Ausstellung Anlass für die Planung eines Museumsneubaus auf dem angrenzenden Grundstück. 1990 eröffnet das neu errichtete, lichtdurchflutete Museumsgebäude des Architekten Günter Behnisch auf dem Nachbargrundstück der Villa de Neufville am Museumsufer in Frankfurt.

In der Vorbereitung der Ausstellung kann die Sammlungsabteilung die großzügig bereitgestellten Mittel zum Erwerb neuer Exponate, mit denen insbesondere Lücken im Bereich der drahtlosen Telegrafie und der Radiosammlung geschlossen werden, nutzen. Gleichzeitig finden auch umfangreiche Restaurierungen statt – auch an den nicht für die Ausstellung bestimmten Objekten.

Die größten Zuwächse verzeichnet die Kunstsammlung: Das Bundespostmuseums erwirbt noch bevorzugt einschlägige Motive aus der Genremalerei des 19. Jahrhunderts: Postillione, Postkutschen und Briefszenen. Nun jedoch steht die Reflektion des Themas „Kommunikation“ in der Kunst im Mittelpunkt, und mit erheblichem Mitteleinsatz kann das Deutsche Postmuseum herausragende Arbeiten aus der klassischen Moderne und der Kunst nach 1945 erwerben.

Neuorganisation als Museumsstiftung Post und Telekommunikation

1995 – Gründung einer Stiftung öffentlichen Rechts

Im Rahmen der Postreform werden 1995 die Museen der Post von den neu gegründeten Unternehmen Deutsche Post AG und Deutsche Telekom AG abgetrennt und in eine Stiftung öffentlichen Rechts überführt. Dies betraf eine ganze Reihe von Institutionen.

Neben den späteren Museen für Kommunikation gibt es weitere regionale Museen: das Postmuseum Stuttgart, das Mittelrheinische Postmuseum Koblenz oder das Westberliner Postmuseum in der Urania. Sie werden geschlossen, und ihre Bestände werden, ebenso wie in den folgenden Jahren die kleineren Sammlungen bei Oberpostdirektionen, beispielsweise in Saarbrücken, Düsseldorf, Münster, Oldenburg, Hannover oder Konstanz, gebündelt an die Sammlungsstandorte der Museumsstiftung in Frankfurt, Berlin oder Bonn überführt.


Die Museumsstiftung heute

Drei Museen, zwei Sammlungsstandorte und ein Archiv

Nach der umfassenden Konsolidierung und Konzentration der Sammlungen werden die zentralen Depots der Stiftung in Berlin und Frankfurt betrieben. Um fachliche Kompetenzen und personelle Ressourcen zu konzentrieren, gibt es in Berlin eine eher postgeschichtliche Ausrichtung mit den Schwerpunkten Transportgeschichte, Brief- und Schreibkultur sowie Institutionengeschichte. In Frankfurt widmet man sich der Mediengeschichte und Nachrichtentechnik sowie der Kunstsammlung, insgesamt mit dem Schwerpunkt auf Telekommunikation. Das Archiv für Philatelie in Bonn bündelt die philatelistischen Bestände der Stiftung und beherbergt eine der bedeutendsten Briefmarkensammlungen der Welt.

Kommunikation und Medien unterliegen einem ständigen Wandel, die Dauerausstellungen der Häuser müssen daher immer wieder aktualisiert und erneuert werden. Dabei gibt es unterschiedliche Schwerpunkte und Herangehensweisen: Frankfurt präsentiert Themeninseln, die durch exemplarische Inszenierungen und Storytelling die Entwicklungen in Bezug auf Vernetzung, Teilhabe, Beschleunigung und Kontrolle vermitteln. Das Haus in Berlin stellt unter dem Motto „Vom Faustkeil bis zum Smartphone“ die Kommunikationsrevolutionen von den Anfängen bis in die Gegenwart dar. Die neue Dauerausstellung in Nürnberg gliedert sich in farblich unterschiedlichen Räumen eingängig nach den Sinnen: Kommunikation bedeutet Hören, Sehen, Fühlen.

Ausstellungen, Forschungstätigkeiten in der Sammlung, Veranstaltungen für Jung und Alt, Diskussionen, Partys, Workshops und Performances machen Kommunikation reichhaltig und in vielen Facetten erlebbar und ermöglichen Austausch und persönlichen Dialog. So wirken die Museen und Sammlungen als Foren aktueller Diskurse und laden ein, die Herkunft und Gegenwart der Kommunikation zu verstehen und die Zukunft der Kommunikation aktiv mitzugestalten.


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